Heute entdecke ich in der Glamour ein Modefoto, über das ich ein wenig erschrecke.
Dann lese ich: «Für dieses Foto mussten die Möche konzentriert auf den Boden oder in die Ferne blicken.
Denn unser Model direkt anzuschauen, verbietet ihr Glauben.» (nicht ganz richtig, aber darum gehts mir heut nicht).
Vielleicht liegt es daran, dass ich ohne Religion aufwuchs und mich mit verschiedenen Glauben beschäftigte. Ich empfinde bei dem Bild eine leichte Arroganz, ja sogar Intoleranz unserer westlichten Kultur. Und schon ist sie wieder in meinem Kopf. Die Idee für ein mögliches Burka-Verbot in der Schweiz. Eigentlich wollte ich nicht darüber zu schreiben, es gelingt mir nicht. Das Thema ist überall präsent. Luzerner Politiker bemühen sich um eine Ausnahmeregel für Touristen und eine Bekannte sagt «das ist wichtig für die Frauenbewegung in der Schweiz». Ich suche in Zürich nach einer Burka, damit ich besser verstehe.
Doch statt Verstehen, bleiben nur Fragen:
Warum behandeln wir Touristen anders als hier ansässige Menschen?
Warum stellen wir Traditionen einer anderen Kultur in Frage?
Warum bestehen wir in fernen Ländern (wo Schleier getragen werden) auf Bikinis oder Shorts?
Warum glauben wir, immer das Richtige zu tun?
Es ist möglich, dass die Frauen manche Gewänder aus Zwang tragen. Ich weiss es nicht. Ein Sari ist sicher eine
harmlose Variante. Manche Frauen in Indien sagten mir: «Ich liebe Saris, darin kann ich mich bequem verstecken und
fühle mich stolz. Nach vier Wochen trug ich übrigens auch einen und fühlte mich wesentlich wohler, vor fremden männlichen Blicken geschützt. Und unsere Homestay-Familie war richtig stolz.» Vielleicht auch wegen dem Respekt, den mein Sari ihrer Kultur gegenüber ausdrückte. Wieder zu Hause hatte ich noch nicht den Mut, ihn zu tragen.
Wäre ich überzeugt, ein Verbot könnte die Gleichberechtigung der Frau fördern, ich würde nicht hadern. Da könnt Ihr sicher sein. Doch auch in unserer Kultur fänden wir noch genug zu tun. Im Berufsalltag hab ich auch Prüfungen zum Thema Gleichberechtigung, die ich mir gerne mit einem Verbot ersparen würde. Doch:
Der Yoga und viele Religionen lehren Respekt. So versuche ich, andere Kulturen und gesellschaftliche Strukturen, als die, in die ich geboren wurde zu respektieren. Natürlich gehören dazu auch die Sorgen der Menschen, denen die Burka fremd ist. Gelingt es mir, Anderes zu respektieren, fällt es mir leichter, tolerant zu sein. Eine schöne yogische Herzensübung, die zudem den Alltag leichter macht und vielleicht die Gleichberechtigung ein bisschen realer.
Heute in München-Laim. Ich bin als Künstler unterwegs und trage, wie üblich eine meiner afrikanischen Kappen – heute eine aus Tunesien. Sowie einen schwarzen Mantel. «Entschuldigung, darf ich sie mal was Intimes fragen? Sind sie orthodox oder warum sind sie so angezogen?» Und hinterließ mich sprachlos ….
Danke für den Beitrag!
Im Gegensatz zu dir bin ich mit Religion aufgewachsen (und einiges ist hängen geblieben), aber zum Glück in einem Mass, dass die Kleidung oder andere Nebensächlichkeiten keine Rolle spielte. Ich glaube, Gott fasst sich ganz oft an die Stirn und sagt sich, die da unten hätten gar nichts begriffen.
Was «wir Christen» nämlich meistens vergessen, ist das zweite Gebot «Liebe deinen nächsten wie dich selbst». Das schliesst Respekt und Toleranz mehr als ein und würde eigentlich jede weitere Diskussion erübrigen.
lieber Joachim, richtig schade, dass ich das noch nicht live sehen durfte.
Wen Joachims Kommentar neugierig machte, zu seiner Kunst «gegen den Strich» bitte hier entlang. http://www.joachimgraf.com/
Danke lieber Andreas, leider weiss ich nicht genug über die Gebote, aber das 2. mag ich 😉 Vielleicht wär es mal an der Zeit eine heimische Religion zu studieren… Einen Anfang kann ich am Donnerstag machen, wo http://www.twitter.com/AbtMartin bei uns @Namics in ZH zu Gast ist (Thema Glaube 2.0 – es geht um Social Media, und wie der Abt das versteht und lebt) http://www.facebook.com/home.php?#!/event.php?eid=115845925119641&ref=ts (falls Du spontan möchtest, bist Du herzlich eingeladen – melde Dich einfach bei mir http://www.twitter.com/sufranke
Danke danke für diesen Artikel! Wir steuern auf ein rigides richtig-falsch-Denkschema hin. Und wollen dies noch unter dem Deckmantel «Toleranz» oder «Menschenrechte» verkaufen. Da lobe ich mir den Spruch vom Sufi-Meister Rumi: «Jenseits von Richtig und Falsch ist ein Ort, dort treffen wir uns.»