Wenn ein Meister (des Yoga) einen Raum betritt, dann wissen es alle. Die Anwesenden spüren eine Art Frieden (im Sanskrit = Shanti). Ich sage ein Meister und meine natürlich auch Meisterin. Im Yoga nennen wir den meisterhaften Zustand Samadhi (dies ist das eigentliche Ziel des Yogapraktizierenden) . In buddhistischer Sprache heisst es Erleuchtung. Auch in christlichen Religionen kann der Mensch zu Lebzeiten einen solchen Geisteszustand erreichen. Auf solchem Weg merzt der Mensch alle Gifte seines Geistes (Geist hier gemeint: Denkinstrument) aus und entfaltet sein wirkliches Wesen (im Yoga ist Sein gemeint, im christlicher Sprache in etwa heiliger Geist). Die Gifte sind: Gier, Neid, Zorn, Hass und Eifersucht. In verschiedenen Traditionen weichen die Beschreibungen und Wege ein wenig ab.
Meine Oma sagt oft: «Ein Christ, der sich an die 10 Gebote hält, ist ebenso ein guter Mensch, wie ein Atheist, der sich moralisch und ethisch gut verhält.»
Früher empfand ich die Aussage immer als eine Art Legitimation, dass in meiner Heimat so gut wie niemand spirituell war/ist. Heute bedeutet mir die Weisheit meiner Grossmutter viel mehr. Alle, die sehr streng an ihren religiösen Vorstellungen haften und ihre eigene für die einzig richtige halten, bitte lest hier nicht weiter. Ich möchte niemanden verletzen. Jeder geht seinen Lebensweg allein und auf seine für ihn richtige Weise.
Also zurück zum Meister: Einem solchen zu begegnen kann ein wahrer Segen sein, eine Gelegenheit zum Lernen fürs Leben. Für mich spielt es keine Rolle mehr, wie er seine Religion / Philosophie benennt.
Wenn er:
– an seinen Eigenschaften arbeitet,
– geistige Gifte löscht
– seine Gedanken und Handlungen reflektiert,
– nicht ver-urteilt,
– selbst lernt statt nur lehrt,
– über sich lachen kann
– inneren Frieden hat
– sein Ego (kennt) und klein hält,
– seine Wahrheit nicht diktiert
dann beginnt die Meisterschaft.
Weil mir letzte Woche ein Meister begegnete. Ein katholischer Abt. Der twitternde Abt Martin repräsentiert für mich das, wofür es sich lohnt, am eigenen Geist zu arbeiten. Ein Mensch, der andere inspiriert, seine Güte grosszügig verteilt und ein weites tolerantes Herz hat. Der Abt berichtete übrigens in der Runde der Netzzunft über seine Kommunikation via Internet/Twitter. Herzlichen Dank Leila für die Idee, ihn einzuladen. Die Essenz war für mich jedoch eine andere. Im Web 2.0 weicht wahre Kommunikation immer mehr den Werbebotschaften. Charaktereigenschaften werden sichtbar und darum ist Abt Martin wohl auch so erfolgreich.
Ich verneige mich vor Abt Martin vom Kloster Einsiedeln und wünsche ihm und seinen Mönchen einen friedlichen erfüllten Lebensweg. Danke Gabi (aka Seglias) für Deine charmante Einladung, über die Begegnung zu schreiben, ich hätte es wahrscheinlich versäumt. Wer noch gerne ein paar Bilder mag. Roli (aka Rolik) hat fleissig geknipst.
Ach übrigens: So ein Mensch sagt nicht «ich bin ein Meister» und ich würde es schon gar nicht einfach glauben.
es wurde auch viel getwittert über seinen Besuch: http://twitter.com/#search?q=netzzunft
Wow, Su, das ist ein toller Beitrag. Ich freue mich, dass dieser Abend von verschiedenen Seiten beleuchtet wird, weil er es verdient hat. Deine Beleuchtung gefällt mir sehr gut. Vielen Dank!
Es ist nicht nur ein Toller Beitrag über diese offensichtlich sehr eindrückliche Begegnung! Dir ist mit diesem Artikel auch ein lesenswerter Beitrag zum Thema «Meister» gelungen, der noch eine Weile in mir nachklingen wird. Danke Su!
Ein toller Bericht – danke Su! Wäre ja auch gerne dabei gewesen …
(Eine Frage: das war dochb bei Euch – namics – in Zürich, oder? Seid ihr umgezogen? Ich war zwei, drei Mal mit Martin Pulfer bei Euch «unter dem Dach». Nüschelergasse?)
Danke @Pixelfreund (Ralph) für Pingback:
Ralph (aka Pixelfreund) hat auch über das Treffen geschrieben: http://www.pixelfreund.ch/2010/05/netzzunft-mit-abt-martin-glaube-2-0-copy_paste_believe/
@Marcel Dankeschön. Ja, Namics ist jetzt in der Konradstrasse 12 in Zürich. Komm doch gerne mal vorbei, wenn Du in der Nähe bist.
Interessant, dass deine Oma offensichtlich den Christen am ethisch handelnden Atheisten maß – nicht umgekehrt, wie es viele Christen (mit Murren, Knurren und einem «Ja, aber») tun.