Ein grosses Herz oder die Schuldfrage

Jeder kennt das, man macht einen Fehler und bittet um Ent-schuld-igung. Der andere nimmt es zwar an, hat aber innerlich trotzdem den Fehlbaren als Schuldigen gebrandmarkt.

Wohl dem, der vergesslich ist. Ich flunkere nicht, ich bin vergesslich. Kürzlich musste mich meine Oma an eine recht unschöne Situation erinnern, die ich glücklicherweise vergessen hatte. Schade, ich hätte sie gern so gelassen, denn nun musste ich mir das Gefühl des Vergebens neu erarbeiten, was mir inzwischen wieder gelungen ist (auch ohne zu vergessen 😉

Besonders in der Geschäftswelt fällt mir oft, dass Menschen manchmal schnell sind damit, den Schuldigen zu benennen. Nur, um einen kleinen Fehler zu verbergen. Das finde ich schade, denn wir können an den kleinen Fehlerchen üben, wie wir mit grossen umgehen werden. Es ist so leicht zu sagen «mir ist ein blöder Fehler passiert». Wichtig finde ich beim sich ent-schuld-igen, dass man es ernst meint, aufrichtig den anderen bittet, einem zu verzeihen. Gleich dann folgt das Sich-Selbst-verzeihen. Auch darin sind die Leute oft nicht geübt. Manche Menschen laden Schuld um Schuld auf ihre Schultern und vergeben sich nicht. Ich meine zu beobachten, dass genau diese dann auch anderen nicht vergeben können. Wie denn, sie haben Grosszügigkeit und Vergeben ja nicht geübt und das Herz (im sprichwörtlichen Sinn) konnte nicht gross genug werden. Dieses brauchen wir aber zum Vergeben.

In einem grossen Herz wohnt ein grosser Geist
In einem grossen Herz wohnt ein grosser Geist

Wir sollten uns nicht fragen, woher wir ein grosses Herz bekommen, sondern einen Schritt weiter vorn beginnen. Bei unseren Gedanken. Gedanken sind urteilend. Ihr müsst mal zuhören, was man selbst den ganzen Tag so denkt «oje, was macht er denn da?» «Oh nein, jetzt hat sie … und ich komme zu spät». Wir denken oft und viel in den Kategorien schuldig und unschuldig. Daraus wird ein Muster, welches innerlich kaum hinterfragt wird. Diese Gedanken werden Gewohnheit.

Im yogischen Sinn werden aus Gedanken Gefühle geformt. Ein Gefühl ist ein veränderter Gedanke, z.B. «ich mag es». Irgendwann verändert dieser Satz im Kopf seine Energie oder Erscheinungsform und wird im Körper fühlbar. Zum Beispiel im Bauch, oder der Brustregion. Er ist nun ein Gefühl (und übrigens schwieriger handlebar als ein Gedanke).

Denken (oder fühlen) wir ohne zu reflektieren, werden uns Gefühle vorkommen wie Realitäten. Wir haben ja nicht gelernt, sie zu formen. Im Yoga kann man schrittweise seine Gedankenmuster aufspüren und verändern. So wird langsam auch das Schuld-denken weniger. Ich schaffe es noch nicht in jeder Situation, zum Beispiel bei Kriegen oder Umweltkatastrophen aber fangen wir erstmal im Alltag an, das Herz wachsen zu lassen und das Wort «schuldig» seltener zu gebrauchen. Vielleicht gibt es dann irgendwann ja weniger Kriege, die genauso in uns Menschen gedanklich beginnen bevor sie äusserlich ausbrechen.