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Burnout – oder Denkblockade?

Ein Mensch bewältigt plötzlich seinen Alltag nicht mehr. Obwohl das Wort Burnout so geläufig wie «Grippe» ist, fragen sich die Leute, wie konnte das passieren oder haben Tipps parat. Wir sehen der Person oft nicht mal an, dass etwas nicht stimmt, geschweige denn erkennen sie selbst die wahre Ursache. Die Ursache ist auch nicht so wichtig, denke ich. Vielmehr, was tue ich nun?

Beiträge über Stress-Reduktion und Yoga-Ratgeber gibts genug inzwischen, mir gehts heute um die geistige Grundhaltung, die uns zum Burnout begleitet.

Brennt ein Mensch aus (out burning) dann schwelen meist mehrere Denk-Faktoren. Die Ursache ist nicht der aktuelle Job, ein Ereignis oder das ständige «Zuhoch-Drehen» selbst. Das sind nur irgendwann Auslöser. Das berühmte Tröpfchen zu viel im Fass. Ich dachte damals, Burnout hat etwas mit bestimmten Jobs zu tun. Wusste nicht, dass jede/r Mesch ausbrennen kann.

Mein eigener Burnout war nicht gerade prickelnd.

Ich hatte im 1997 meinen ersten Burnout, oder war es der Beginn…? … den zweiten 2001. Während meines Umzuges in die Schweiz. Ich stand unter der Dusche und konnte mich nicht mehr bewegen. Alles war blockiert. Ich schaffte es nicht, den Wasserhahn abzustellen. Der Arzt sagte ein paar Tage später. Sie sind ausgebrannt, Sie müssen sich entspannen. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wovon er sprach. Hab aber mal vorsichtshalber genickt. Das war erlernte Reaktion. Jemand sagt, was du tun sollst und dann machst du das halt.

Zuhochdrehen ist Wirkung nicht Ursache

Ich hatte Glück und begegnete ein paar Wochen später meiner Yogalehrerin. Bei ihr absolvierte ich bereits ein Jahr danach meine eigene Yogalehrerausbildung. Ich bekam neben Entspannungstechniken auch andere Impulse. Und beobachte seit her mehr meinen eigenen Geist. Das Wort Gedankenkontrolle erschreckte mich anfangs, es klingt nach Macht.  Es ist aber ein Beobachten gemeint. Das tue ich bis heut.

Ich begegnete meinen eigenen starren Gedanken und fehlende Reflektion (denn ich wusste nicht was es ist): Heute denke ich, es waren diese Konstrukte in meinem Kopf. Ich teile sie nicht hier, weil ich denke, es ist immer und bei jede/r/m so. Sondern weil ich genau das gelernt habe. Es ist immer anders. Bei mir war es:

Zeitabhängiges Denken

– mangelnde Aufmerksamkeit für das Jetzt
– Hängen an der Vergangenheit (Trauer und Positives)
– Starker Fokus auf die Zukunft, Zielstrebigkeit (wenn ich das tue, dann.. heute bin ich eher ohne Vision unterwegs und ernte dafür oft Unverständnis)
– geistige Flucht/Ablenkung statt Durchleben und Analysieren eines Leids (bei mir war es Trauer und Job-Unglücklichsein)
– unzufrieden mit der aktuellen Situation (unabhängig von der Situation selbst)

Meine Yogalehrerin sagte immer «Vergangenheit existiert nur in deiner Erinnerung, Zukunft existiert nur in deiner Vorstellung. Das einzige was ist, ist das Jetzt!»

Körperliche Abläufe

– Muskelverkrampfung (Anspannung – innere Haltung die sich im Körper spiegelt)
– die meisten Menschen ziehen bei Stress übrigens die Schultern hoch. Das kann man bewusst in der Entspannungslage (am Boden liegend korrigieren)
– Adrenalinüberschuss als eine Art Droge (Stress, Schreck, Sorgen, Ängste)
– Oberflächliche Atmung, im oberen Teil des Brustkorbes atmen viele Menschen, besonders unter Anspannung (korrigieren mit voller Yogaatmung und Ausdauersport)
– falsche Ernährung (Zucker und Adrenalin peitschen auf )
– Aktivitäten-überladung (Freizeitstress, zu viel spannende ! Aktion)
– kleine Krankheiten als Pausen-Möglichkeit ignorieren, darin war ich grossartig. Ich konnte keinesfalls im Job fehlen und war wichtig
– Mangelnde Bewegung (fehlender Adrenalinabbau) ich kannte auch die Kraft der Natur noch nicht.

Ego und Illusion

– Identifikation mit einer Aufgabe, Job etc. (ich bin Geschäftsführer)
– verhaftet sein mit Illusionen (Titel, Besitz)
– ständiges Glücklichsein als Ziel (alle sind gesund, erfolgreich, Instagram war noch weit weg, dennoch waren die anderen alle happy.)

Denkblockaden

– starres Festhalten an Ansichten, Meinungen, statt Lernen und Korrigieren
– Gedankengewohnheiten (ich bin wichtig in diesem Job, ich die Arme, habe Recht usw.)
– feste Überzeugung, dass erst ! alle Aufgaben erledigt werden müssen
– «danach ruhe ich mich aus»
– Schuldzuweisung (andere für eigene Situation verantwortlich machen, Chefin zB)
– gierig nach Erfolg, Anerkennung (sich für un-ersetzbar halten)

Den Geis feuerfest machen

Im «normalen Alltag» können solche Strukturen eine zeitlang funktionieren. Sie verhindern aber Flexibilität für sich verändernde Umstände. Yogis üben ein Leben lang, reale Situationen als gegeben zu erkennen und anzunehmen, veränderte alte abzugeben, dazuzulernen. Es ist, was es ist. So ham ist ein starkes Mantra. Es bedeutet soviel wie «ich bin» du kannst es still im Geist wiederholen, so (=einatmen) ham (=ausatmen). Ich mache das am liebsten in der Stellung des Kindes.

Es ist wichtig, immer wieder ins Hier und Jetzt als Basis allen Lebens zurück zu kehren, festgefahrene Konstrukte im Kopf prüfen und auflösen. In Meditation höre ich auf zu denken, kann Abstand gewinnen, verarbeiten, loslassen, auftanken und natürlich mein Denken korrigieren. Das scheint mir meine wichtigste Aufgabe in diesem meinen Leben.

Heute weiss ich, man ist nicht einfach nur sicher vor Burnout oder man bekommt ihn einfach. Etwa jede/r 2. in der Schweiz ist im Laufe seines Lebens mit psychischem Dispositionen konfrontiert. Wertvoll ist dann in jedem Fall, jemanden anderen helfen zu lassen. So war das für mich. Ich hatte einen Partner, der mir beistand und mich in die Yogaschule «schickte», dafür bin ich Robi sehr dankbar. 🙏

Ein flexibler Geist ist feuerfester und das muss ich ständig üben und erneuern.