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Jahresende, ein Kaffee und die Illusion vom Fertigwerden

Hier der Kaffee von Jabba

Abgesehen davon, dass ich nicht weiss, warum kaum noch jemand spontan für ein Kaffeedate Zeit hat und sogar Mittagspausen-Verabredungen langfristig geplant werden müssen, ist im Dezember eine unglaubliche Extra-Hektik zu verspüren.

Ich bin nicht überzeugt, dass das Weihnachtsfeier- oder Geschenkedrama schuld sind. Bei näherem Hinsehen hab ich selbst oft im Dezember so ein Fertigwerdenwollen-Gefühl. Letztes Jahr um diese Zeit war das ok, denn ich habe einen Job aufgegeben und musste tatsächlich viel fertig machen und kam in diese Hektik rein. Dabei ist mir aufgefallen, dass wir ganz viele Dinge gar nicht fertig machen müssen, weil sie

a) eigentlich unwichtig sind oder
b) von Natur aus rollend,
also nie fertig werden und der Nachfolger das ohnehin anders machen wird (was übrigens eine gute Schule fürs Ego ist 😉

Rechnungen bezahlen zum Beispiel, das kommt immer wieder und trotzdem hat man so ein Gefühl, „haa jetzt ist erstmal für eine Weile Ruhe“. Ihr wisst, was dann meist am nächsten Tag im Briefkasten liegt. Aha, ist es womöglich die Sehnsucht danach, mal Ruhe vor etwas zu haben, eine Sache, die im Nacken sitzt, weil sie erledigt werden will, einfach mal abzuschütteln? Wenn da nicht schon die nächste lauern würde.

Die meisten Dinge im Leben haben gar kein Ende und geschweige denn einen Anfang, wie die viel besungene Wurst. Vielmehr kommen ähnliche Aufgaben einfach in abgewandelter Form wieder und das Fertigwerden bleibt eine Illusion. Leben heisst Veränderung. Nehmen wir mal einen guten Vorsatz, die werden ja am Jahresende immer wieder gern bemüht.

Ich nehme mir vor, nächstes Jahr dies oder jenes weniger oder mehr zu tun. Auch dafür gibt es keinen klaren Anfang. Ist der Start, der erste Gedanke oder dann wenn ich es ausspreche an Sylvester um 24.00? Als ich vor 9 Jahren entschied, Vegetarier zu werden, war das kein big Bang und dann war ich für immer einer. Man ist nicht einfach dies oder das. Dazwischen gab es Monate, wo ich wieder Fleisch gegessen hatte oder auch der Fisch, den meine Oma extra für mich gemacht hatte, weil sie dachte, das sei ok. Die erstaunten Blicke aller anderen sind nicht Grund genug, konsequent das eine oder andere sein zu wollen. Für mich nicht, denn ich suche oft den Weg dazwischen, etwas tun und gleichzeitig Toleranz trainieren. Diese fängt ja immer bei einem selbst an.

Ist man wirklich irgendwann in abgeschlossener Form dieses oder jenes?

Exraucher – Bildquelle: hausamrossmarkt.de

Ich habe gehört, dass ein ehemaliger Raucher immer ein Raucher bleibt, der nicht mehr raucht. Er hat also die Abhängigkeit noch, nur in veränderter Form. Ebenso sind wir auch niemals fertig, wenn wir uns auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisieren. Der Mensch lernt immer weiter, selbst die die das nicht wollen. Besonders Yogalehrer sollten ein Leben lang Schüler bleiben und dies ehrlich in den Spiegel schauend zelebrieren. Erst dann sind sie eine Inspiration, wenn sie sich dem Fluss der Veränderung stellen.

Für mich ist das vielmehr eine beruhigende als beängstigende Erkenntnis und ich werde dieses Jahr nichts explizit beenden und auch die Vorsätze für nächstes Jahr lass ich so kommen und gehen, wie sie eben Sinn machen. Ich mag das nicht planen, nur weil es draussen schneit und alle keine Zeit zum Kaffee haben. Und sich dann an Sylvester vornehmen, nie wieder so ein Stress zu Weihnachten. In diesem Sinne, ich wünsch Euch ein paar Aufgaben, die nicht fertig werden und Euch in Bewegung halten, vorallem im Oberstübchen.

Achso, das Oberstübchen, dort fängt alles an, als Samen eines Gedanken, der später ein Wunsch oder gar eine sogenannte Vision (hier Ziel) wird. Dort im Kopf entscheiden wir auch selbst, wie wir Dinge beurteilen, was sie für uns bedeuten und auch, ob wir sie einfach mal lassen und so dem Leben einen Existenzplatz ermöglichen, dann ist auch Zeit für den Kaffee.